Vor nun schon Monaten wurde mir von einem Physio-Kollegen ein Video zum Thema Olympia empfohlen.
Endlich bin ich nun dazu gekommen es mir anzuschauen und werde nun auch genau dieses Video hernehmen um ein paar Themen anzusprechen.
Das Video durchleuchtet sehr kritisch den Hintergrund der Olympia-Athleten. Hierbei wurde kein Blatt vor den Mund genommen. Es beinhaltet einige Interviews mit Athleten des schwedischen Leichtathletik-Nationalteams. Mir war vor dem Video schon bewusst, dass es bei Olympia nicht um Gesundheitstraining geht, aber die hier offen dargestellte Situation ist dann doch schlimmer, als ich es mir im Kopf vorstellen konnte.
Das Video beinhaltet Themen wie Verletzungen, Überlastung/Übertraining, Medikamentenmissbrauch, und vieles mehr.
Was mich vor allem überrascht hat, war nicht unbedingt die Tatsache, dass es zu diesen Vorkommnissen kommt, sondern wie mit dem Thema umgegangen wird.
Die Selbstreflexion als Sportler selbst, aber vor allem auch als Coach/Trainer lässt hier deutlich zu wünschen übrig.
Wenn eine Verletzung der Anderen folgt, oder wenn Sportler Schmerzmittel nehmen müssen um weiter zu trainieren zu können um Tag für Tag zu überstehen, dann passt etwas nicht!
Wenn eine total abgemagerte Athletin osteoporotische Zeichen zeigt, zu Spontanbrüchen neigt und trotzdem etliche intensive Trainings hinter sich bringt und zu Meisterschaften geschickt wird, dann passt etwas nicht!
Wenn ich als Coach bemerke, dass meine Athletinnen eine nach der Anderen durch Verletzungen ausfallen und mir weiterhin keinerlei Gedanken mache ob ich meine Trainingspläne anpassen muss, dann passt etwas nicht!
Und der größte Punkt....Wenn KINDER durch zu frühzeitiges Übertraining, mit Nichtbeachten der kindlichen Entwicklung schon mit 14/15 Jahren ihre ersten Operationen hinter sich bringen müssen, dann passt etwas schon gar nicht!
("Price of Gold" - Dokumenation von schwedischen Olympioniken und Ihrer Verletzungslaufbahn)
Ich finde das Gute an unserem Sport ist, dass wir nicht diesen hier dargestellten Druck des Wettkampfes haben. Um wieder dieses Thema anzusprechen - https://community.parkour-vienna.at/topic/19836-art-of-motion-keine-parkour-wm/
Aber wir sollten Dinge, die uns schon betreffen nicht ganz außer Augen lassen.
Das ist ein Appell zur Reflexion an jeden Trainierenden selbst, aber auch vor allem an all diejenigen die sich in einer Coaching Rolle befinden.
Ich werde zu ein paar Themen, welche im Film vorgekommen sind ein paar Gedanken und Informationen einströmen lassen.
Übertraining - "Dies sind Folgen einer vernachlässigten Erholung, welche chronische Überforderungssyndrome verschiedenster Natur entwickeln (sowohl im physischen aber auch im psychischen Bereich)" - Weineck
- Eine objektive Belastung wird subjektiv ganz unterschiedlich verarbeitet. Nur weil jemanden fast jeden Tag draußen trainiert, heißt das nicht unbedingt, dass es für mich selbst oder meinen "Padawan" eine gute Idee ist das Selbe zu tun.
- Auch das soziale Umfeld gehört hier mit einbezogen, da sich dieses auch auf den aktuellen Status auswirkt. Arbeit, Schule, Studium, Partnerprobleme und vieles mehr können die Leistungsfähigkeit minimieren und in einem Training oder einer Trainingswoche zu einer früheren Ermüdung führen.
- Die Folgen können sehr vielfältig sein und machen die Diagnostik des Übertrainings schwierig. Dies kann allgemeines Krankheitsgefühl oder aber auch Antriebslosigkeit sein. Auch können sich chronische Krankheiten in den Vordergrund drängen wie zb. Schnupfen über den ganzen Winter, Halsschmerzen über Wochen/Monate,....
Ursachen von Übertraining sind meist:
- Zu schnelle Steigerung der Trainingsquantität und -intensität --- Nicht zu viel an Leuten orientieren, welche den Sport schon deutlich länger ausüben. Diese bringen mehr Belastbarkeit mit sich.
- Übermäßige forcierte technische Schulung schwieriger Bewegungsabläufe --- Wird genügend Pause im koordinativen Training eingebaut?
- Zu starke Einseitigkeit der Trainingsmethoden --- Parkour beinhaltet nicht nur Springen! Werdet kreativ und probiert neue Bewegungsformen aus! Habt ihr auch ein zusätzliches Ausgleichstraining in eurer Trainingswoche?
- Unzureichende Erholungsintervalle --- Genügend Schlaf! Beweglichkeitsübungen, Atemtraining, lockeres Joggen, Schwimmen, Sauna, Massage,.... Beinhaltet eure Woche passive oder aktive regenerative Elemente? Wird genügend Ruhezeit am Tag bzw. in der Trainingswoche genommen? Woher nimmt der Körper die genügende Regeneration?
Medikamentenmissbrauch - Training unter Schmerzmitteleinahme, häufige Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten,....
- Wie soll euer Körper mit euch kommunizieren, wenn ihr ihm durch Einnahme von Schmerzmedikamentation ein Mittel zum "Stopp sagen" wegnimmt? Ihr könnt damit nicht mehr zu 100% einschätzen ob die Bewegung gut für euch ist, oder ob sich diese über eurem momentanen Limit befindet. Eine Verletzung dauert zeitlich länger oder wird sogar noch ausgeweitet. Das Risiko weiterer Verletzungen steigt.
- Die Unterdrückung der Wundheilung durch die Einnahme von entzündungshemmenden Mitteln kann zu einer Störung des Verlaufes führen. Regeneration kann nicht optimal ablaufen, ist zeitlich verlängert und/oder führt zu einer unzureichenden Heilung. Fazit: Das Gewebe ist nicht optimal belastbar-> Höhere Verletzungschance in Zukunft
Training im kranken Zustand - Kann weiterführend zu durchaus schlimmeren Krankheiten führen
- z.B. Training mit leichter Grippe oder Halsentzündung kann unter anderem zu Herzentzündung führen und somit lebensgefährlich sein
Passend zu dem Thema, weil es gerade wieder aktuell in ein paar Foren und auf Facebook herumgegeistert. Eine Infografik einer Studie vom Jahre 2013. Statistik bezogen auf Parkourverletzungen.
Wie hier auch ersichtlich ist, werden subjektiv als einer der häufigsten Verletzungsgründe "overtraining" angegeben.
Auch die hohe Angabe von Verletzungen im Bereich "Tendonitis" , welches im deutschen meist mit Tendopathien gleichzusetzen ist und hier wiederum laut Definition auf Über-, Fehlbelastung oder Verschleiß hindeutet, gibt wieder einen Grund wieso wir uns als Trainierende, aber auch als Coach, uns mit dem richtigen Maße von Belastung und Belastbarkeit auseinandersetzen müssen.
Außerdem sollte auch eine wichtige Beachtung der Sehne selbst gewidmet werden. Oft zeigen sich durch Übertraining und vor allem durch zu schnelles Voranschreiten der Intensität und des Trainingsumfangs Probleme in diesem Bereich. Die Muskulatur adaptiert schnell und kann sich hier gegebenen Trainingssituationen sehr schnell anpassen. Die Sehne jedoch braucht hier deutlich länger!
Vor allem als Coach sollte hier in den ersten Trainingsjahren darauf geachtet werden, dass die Intensität nicht zu schnell gesteigert wird, nur weil der/die Trainierende es "kann".
Grundlagen müssen erst geschaffen werden und der Körper braucht seine Zeit um optimal Adaptieren zu können. Sehnen und Knochen deutlich länger als Muskeln in dem Fall.
Speziell im Kinder- und Jugendalter können immense Fehler mit falschem Training begangen werden!
Feel free to brainstorm and reflect yourself.
Have fun!
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